Heute startet der Selfpublisher Friday, ins Leben gerufen von drei buchliebenden Menschen auf Instagram: @fuchsmaedch_en, @suechtignachbuechern und @olga.krouk. An jedem 1. des Monats kommen die Autoren zu Wort, an jedem 3. die Blogger/Leser. Für mich als Autorin geht es damit also heute los und hier sind wir auch schon.
Thema für den 6. November
Erzähl uns deine Geschichte:
Wann kam bei dir das erste Mal der Wunsch auf, wirklich ein Buch zu veröffentlichen und warum hast Du Dich dann dabei fürs Selfpublishing entschieden?
Der Wunsch zu veröffentlichen war eher so ein Traum den man hat, von dem man aber eigentlich denkt, das schaffen nur andere, weil die irgendetwas haben, was man selber nicht hat. Trotz dass ich mir sicher war nie etwas wirklich zu veröffentlichen, habe ich aber immer geschrieben, nur für mich, weil ich das brauchte um Ruhe im Kopf zu haben. Dazu muss ich jetzt vielleicht erklären, dass mein Hirn zu 100% künstlerisch funktioniert und dauernd irgendwas in meinem Kopf abgeht. Dutzende kleine Szenen und Stimmen toben jederzeit durch meine Gedanken und wenn ich die nicht aufschreibe oder aufzeichne, damit ich sie nicht immer wieder neu durchspulen muss, aus Furcht sie zu vergessen, werde ich irgendwann sehr unleidlich und auch unkonzentriert. Es kommt immer wieder vor, dass ich durch die Stadt laufe und engste Freunde nicht sehe, scheinbar ignoriere, wenn sie direkt an mir vorbeilaufen, weil ich geistig ganz woanders bin und in Gedanken schon wieder eine Geschichte spinne. Ich sehe auch die Szenen immer sehr deutlich vor mir, das heißt, ich bin grundsätzlich maximal abgelenkt und wundere mich manchmal selbst darüber, wie Multi-Tasking-Fähig ich bin.
Das Schreiben bringt mir also in erster Linie Ruhe und so habe ich nie ernsthaft in Erwägung gezogen, zu veröffentlichen. Ich hätte einfach nie gedacht, dass meine Geschichten dafür gut genug sind. Dass ich Bücher gestalten wollte stand dafür sehr viel früher fest, darum habe ich damals (2001) mein Design-Studium begonnen und später (2006) auch als Diplomthema einen illustrierten Roman »vermarktet«. Den hatte ich vorher natürlich selbst geschrieben, was mein dortiger Deutsch-Dozent für eine ganz dumme Idee hielt, aber ich habs trotzdem getan. Diesen ersten Roman habe ich noch immer im Regal stehen. Vielleicht werde ich den eines Tages auch noch überarbeiten und richtig veröffentlichen. Schlecht ist die Geschichte nicht, aber heute weiß ich, dass da noch einiges verbessert werden müsste und gedankliche Zwänge, die ich damals noch hatte, raus können.
Während ich also eigentlich die rechte Hand für »echte« Autor:innen sein wollte, habe ich weiterhin für mich geschrieben und dann auch mal die ein oder andere Freundin daran teilhaben lassen, die es mitbekam und neugierig wurde: Simone Heller, Juliana Socher und Maike Claußnitzer. Meine drei Musketiere. Drei Frauen die selber schreiben, übersetzen, lektorieren und korrigieren. Seit Jahren schon. Und es war Simone, die mir maßgeblich den Tritt verpasst hat und als erste sagte: »Sam, das ist zu gut für die Schublade, schick das ein!«
Manch eine/r von euch wird die Anekdote schon anderswo gelesen haben, weil ich sie immer wieder gerne erzähle. Ich habe Simones Rat eigentlich nur befolgt, um ihr sagen zu können: ok, ich habs versucht, hat nicht geklappt. Und es hagelte auch viele Absagen, manche so unterirdisch rückständig, konservativ und schlicht unprofessionell, dass mich die Welt der Literaturagenturen schnell verloren hat und ich über die Art der Absagen zu wütend war um sowas wie Enttäuschung zu empfinden. Aber ich fand unerwartet doch einen Verlag, der mein Debüt »BRÏN« verlegen wollte und als ich beweisen wollte, dass das ein Zufall, pures Glück war, habe ich es mit »Winterhof« bei Verlag 2 versucht und wurde wieder veröffentlicht. Dann wurde ich eingeladen eine Kurzgeschichte bei Verlag 3 einzureichen und spätestens da musste ich einsehen, dass ich offenbar doch gute Geschichten schreiben kann.
Warum nun vom Verlag ins Selfpublishing?
Wie ich oben erwähnt habe, bin ich beruflich in der Grafik zuhause. Der volle Titel nennt sich Grafik-/ Kommunikationsdesignerin mit Zusatzqualifikation in Illustration und Malerei. Nicht drin steht: ist pingelig, ausgesprochen (selbst-)kritisch, kontrollsüchtig und stellt Qualität über Quantität. Dass meine hohen qualitativen Ansprüche dann mit der Arbeitsweise eines Verlags, insbesondere eines Kleinverlags, kollidieren würden, war irgendwie vorauszusehen, aber ich war damals noch der Ansicht, da muss man als Autor eben durch, auch wenn die Grafikerin in dir schreit wie am Spieß. Heißt übrigens nicht, dass ich mich für unfehlbar halte, nur eben perfektionistisch. Während ich »Winterhof« dann glücklicherweise selbst gestalten konnte und hier auch mit externen professionellen Lektoren/ Korrektoren gearbeitet wurde, war das bei meinem Debüt nicht der Fall. Nur das Cover stammte dort von mir selbst, den Rest musste ich aus der Hand geben. Kontrollfreaks werden jetzt den inneren Aufschrei spüren, der mir da durch die Glieder ging. Aber es gehörte alles zum Lernprozess und hat mich letztlich sehen lassen, was ich will und was nicht.
Zwei Jahre später kam dann das Drama mit Verlag 2, der sich wirtschaftlich übernommen hatte und Autoren und Dienstleister nicht mehr bezahlte. Ich holte mir meine Rechte an Winterhof zurück und habe es ohne weiter darüber nachzudenken, im Selfpublishing neu herausgebracht. Zuerst hielt ich das für einen Rückschritt, weil einem ja noch immer eingebläut wird »ohne Verlag bist du kein Autor und deine Geschichten nichts wert«, aber ich leckte Blut. Es machte Spaß alles selber in der Hand zu haben. Ich musste mich nicht ärgern, dass dieses und jenes nicht erledigt wurde, dass es keine Unterstützung im Marketing gab oder die Tantiemen einfach winzig waren, während ich Messebesuche etc. ohnehin schon selber zahlte. Mir dämmerte, dass mir ein Verlag irgendwie nicht so viel brachte und mich letztlich mehr kostete, als ich wieder reinbekam. War es das alles wert, nur um sagen zu können »Ich bin bei einem Verlag!«? Die Antwort war zuerst leise, aber dafür beständig: nein.
Bei »Was Preema nicht weiß«, meinem dritten Roman, habe ich nicht mehr lange gefackelt und bin direkt ins Selfpublishing gegangen. Oder fast direkt. Ich hatte noch immer Zweifel daran, ob ich es mit dem Selfpublishing wagen sollte und habe noch genau einen Verlag und eine Lit-Agentur angeschrieben und fünf Minuten später gedacht: Warum machst du das? Du traust Verlagen nicht mehr, du bildest dir ein bessere Qualität abliefern zu können als so manch ein Verlag (ja, so arrogant bin ich mittlerweile), warum machst du es dann nicht selbst?
Und da sind wir nun. Preema wurde mein erstes Selfpublishing-Buch und ist nach Verkaufszahlen aktuell mein bestverkauftes Buch. Es hat in weniger als einem Jahr die Zahlen meiner Verlagsverkäufe hinter sich gelassen und steht auf der Shortlist des Selfpublishing-Buchpreis 2020. Ob das immer und bei jedem so gut läuft? Vermutlich nicht. Wir haben alle unterschiedliche Hürden und Vor- und Nachteile in unserem Repertoire. Manchmal hat man einfach Glück, manchmal nicht. Ich kann euch nur sagen, ins Selfpublishing zu wechseln war die beste Entscheidung, die ich dieses Jahr, vielleicht sogar in den letzten fünf Jahren, getroffen habe und ich bin glücklich und zufrieden wie nie. Endlich fühle ich mich nicht mehr ausgebremst, kann mit Profis bei Lektorat/ Korrektorat arbeiten und habe die Kontrolle über die gestalterische Qualität meiner Bücher. Dank Vertriebspartner Nova MD kommen meine Bücher weiterhin in eure Buchhandlung und die E-Books sind sowieso in allen wichtigen Shops. Wenn jetzt etwas schiefgeht oder nicht läuft, liegt es an mir und nicht mehr an anderen und damit komme ich besser klar.
Das Selfpublishing hat aber natürlich auch seine Risiken und Kosten. Ein gutes Lektorat und Korrektorat bekommt man normalerweise nicht umsonst. Entweder man zahlt dafür mit Geld oder im Tausch gegen die eigene Expertise und damit mit (Arbeits-)Zeit. Da ich nicht über Dienstleister wie BoD o. ä. gehe zahle ich auch die Druckerei im Voraus ohne zu wissen, ob sich das Buch verkaufen wird. Man muss also erstmal das Geld auf der hohen Kante haben und ein bisschen realistisch und wirtschaftlich denken. Oft höre ich diesen Satz, Wir machen Bücher mit Herzblut! – Das ist auch gut und schön, ABER: Mit Herzblut fangen Dinge an, Herzblut alleine reicht aber nicht um vorwärts zu kommen. Dessen sollte man sich als Selfpublisher:in oder Autor:in allgemein bewusst sein. Bücher verkaufen sich nicht von selbst und sie machen einen nicht über Nacht reich – wenn überhaupt jemals. Ich werde mit meinen Büchern sicher nicht reich – hallo, Nische! – aber sie erwirtschaften inzwischen ein gutes Nebeneinkommen und sichern meine Existenz mit ab. Man muss Bücher konstant im Gespräch halten, die Werbetrommel rühren, auch mal in richtige Werbung investieren die sich nicht immer sofort auszahlt. Man sollte sich außerdem klarmachen, dass Bücher ohne Lektorat/ Korrektorat und wenigstens halbwegs professionelle Gestaltung schlicht weniger Chancen haben gesehen und (positiv) besprochen zu werden. Da hilft kein Zetern und kein mit dem Finger auf andere zeigen. Das Auge isst mit.
So, reicht für heute, oder? Das ist wieder länger geworden als ich geplant hatte, aber hey, ich bin Schriftstellerin. Könnte ich mich kurz fassen, würden meine Kurzgeschichten nicht so oft in Romane ausarten …
Dieser Text wurde übrigens weder lektoriert noch korrigiert, wundert euch also nicht, wenn da gefühlt eine Milliarde Fehler drinstecken. 😉
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