Schriftstellerin, Illustratorin und Designerin – ich liebe mein kreatives Leben, aber ich verbringe dadurch die meiste Zeit des Tages sitzend auf dem Pöppes. Das ist auf Dauer recht ungesund. Work-Life-Balance ist bei mir allerdings ein Balanceakt, den ich zu oft zugunsten meiner beruflichen Verpflichtungen kippen lasse. Aber dauernd Überstunden machen, überall noch schnell Wünsche erfüllen, bis in den späten Abend hinein arbeiten … das ist eigentlich keine Verpflichtung, sondern die Unfähigkeit auch mal nein zu sagen. Nachdem ich vor ein paar Jahren meinen Beweglichkeitstiefpunkt erreicht hatte und mir vorkam wie eine 80-jährige Dame war klar: ich muss etwas ändern.
Als Kind oder Jugendliche bin ich zu Fuß oder mit dem Rad zur Schule gefahren, hatte Schulsport, war in Vereinen und AGs … Ich war eine Sportskanone die jeden Tag irgendwo aktiv war. Je älter ich wurde, je »erwachsener« der Alltag, desto weniger Zeit oder Muße fand ich für Sport. In den letzten Jahren ist es allerdings etwas extrem geworden. Oft habe ich keine 1.000 Schritte am Tag zusammenbekommen, mich kaum vom Schreibtisch wegbewegt, weil dies und das und jenes vorher unbedingt erledigt werden musste, sonst geht bestimmt irgendwo die Welt unter. Sehr ungesund, wie mir ein kleiner Vorfall zeigte, der mich doch etwas erschreckt hat. Also hieß es das Leben wieder ein bisschen mehr in den Griff bekommen, die Arbeit in Schranken verweisen, die eigene Gesundheit wieder mehr in den Fokus rücken.
Vor gut 2 Jahren bin ich dann auf Twitter zufällig über den Hashtag #fitauthors gestolpert und dachte mir, hey, das ist genau das was du brauchst. Unter dem Hashtag twittern verschiedene Autoren ihre sportlichen Aktivitäten. Ein festes Ziel gibt es nicht und jeder kann mitmachen. Angefangen habe ich dann irgendwann in der zweiten Hälfte von 2019 damit wieder laufen zu gehen. Der Anfang war furchtbar, die Kondition im Keller und die Motivation entsprechend nicht vorhanden. Aber nachdem ich mich die ersten zwei Wochen mit jämmerlichen Runden von 15 Minuten abgequält hatte und danach völlig fertig zuhause ankam, fing es an besser zu werden. Ich nutzte den Hashtag um mich selbst zu motivieren, außerdem ist geteiltes Leid bekanntlich halbes Leid und meine Follower hatten Spaß daran, sich mit mir zu verlaufen (nein wirklich, ich verlaufe mich auf meinen Strecken ständig).
Ein Jahr später lief ich jeden zweiten Tag 6-10 km ohne Probleme und es fühlte sich wirklich gut an. Dann kam der Einbruch. Nach Gizmos Tod im letzten Juni war ich froh es überhaupt an den Schreibtisch zu schaffen, an Laufen war nicht mehr zu denken. Zu traurig, zu schlapp von zu wenig Schlaf und zu vielen Tränen. Nach fünf Monate Nichtstun war klar, es musste was neues her, um wieder in den sportlichen Alltag zu finden. Ich probierte es mit Yoga.
Ich war eigentlich nie ein Yogamensch, habe es oft angefangen, aber spätestens nach 3-4 Tagen wieder die Lust verloren. Der ganze esoterische Aspekt daran nervt mich, dass mehrere minutenlange Atmen überspringe ich auch jetzt noch öfter, weil ich eigentlich mehr die körperliche Aktivität genieße. Vermutlich ist es aber genau diese ruhige Art des Yogas, die ich in der Trauerphase gebraucht habe, um wieder in meine Mitte zurückzufinden. Inzwischen hat mich auch der Ehrgeiz gepackt, vor allem dank der 30-Tage Challenge von Yoga with Adriene und ihrer lockeren, humorvollen Art in den Videos. Wenn sie bestimmte Worte sagt fallen ihr plötzlich 90er Jahre Songs ein und sie singt kurz mit – genau wie ich. Ihre alberne Seite hat mich überzeugt und bei Laune gehalten.
Mittlerweile bin ich bei 68 Tagen Yoga ohne Unterbrechung und mein Körper freut sich. Auch mit den Atempausen komme ich allmählich besser klar und ich versuche die Ruhe zuzulassen. Für irgendwas wird es gut sein, immerhin bin ich tatsächlich weniger gestresst und denke mir ohne schlechtes Gewissen: morgen ist auch noch ein Tag, jetzt ist me-time. Wenn das Wetter wieder ein bisschen freundlicher wird, bin ich dann glaube ich auch wieder bereit laufen zu gehen. Vielleicht im Wechsel mit Yoga. So oder so, Bewegung ist wichtig und tut gut.
Was macht ihr zur Entschleunigung, wenn ihr das Gefühl habt im Schleudergang zu leben?
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